Auf der Suche nach dem Schmerz
- Zielgerichtet
- 11. Juli 2022
- 3 Min. Lesezeit
Da liege ich nun schon seit Stunden im Bett und warte darauf, endlich einschlafen zu können. Doch es will einfach nicht gelingen. Hinter mir liegt ein Tag zum Vergessen. Wenn ich ihn nur vergessen könnte!
Mein Stolz leidet, weil mein Chef mich aufgrund eines Fehlers vor allen Kollegen zusammengestaucht hat. Mein Zeh schmerzt, weil ich unglücklicherweise mit dem Fuß am Türrahmen hängen geblieben bin. Unmut und Verärgerung toben sich in meinem Herzen aus. Ich bin verletzt und das tut weh. Da ich weiß, dass Gott gerade aus solchen Problemen heraushelfen kann, wage ich es, ihn darum zu bitten. Ich bete darum, dass er die Situation mit meinem Vorgesetzten regelt. Ich wünsche mir, dass mein Ruf unter den Kollegen nicht darunter leiden wird. Außerdem will ich morgen wieder schmerzfrei gehen können. Innerlich und äußerlich will ich schmerzfrei sein.
Meine Vorstellung ist klar: Dieses Anliegen will ich vor Gott bringen und dann wird er eingreifen. In wenigen Momenten werde ich einschlafen. Morgen wird sich mein Vorgesetzter bei mir entschuldigen. Mein Ansehen unter den Kollegen wird durch andere Ereignisse wieder aufpoliert und außer einer kleinen Beule vielleicht, wird mein Fuß schmerzfrei sein. Schmerzfrei, das ist das Stichwort. „Gott, bitte befreie mich von meinem Schmerz!“ So bete ich, wie ich es schon häufig getan habe. Doch diesmal sollte es anders kommen.
Ich schließe meine Augen und sehe Jesus vor mir. Er steht oben auf einem Berg und schaut herab. Am Fuß des Berges liegt Jerusalem, eine große und schöne Stadt. Besonders der Tempel sieht atemberaubend aus. Doch Jesus weint. Er kann seine Tränen nicht zurückhalten. Wie viel Mühe und Arbeit hat er sich gemacht, um die Menschen dieser Stadt zur Umkehr zu bewegen! Doch sie haben nicht gewollt.
Gerade als ich mir die Frage stelle, ob dieses Bild wirklich für mich bestimmt ist, dreht sich Jesus um und schaut zur anderen Seite des Bergs hinab. Unten sind viele Lichter und eine große Menschenmenge zu erkennen. Ganz schön viel Betrieb hier, denke ich. Ist das auch Jerusalem? Offensichtlich nicht, denn ich erkenne einzelne Straßen und Geschäfte aus meiner Heimatstadt und auch bekannte Häuser aus meiner Nachbarschaft. Jesus blickt nun direkt in mein Fenster, wodurch der Mond in das Zimmer scheint und wischt sich die nächste Träne aus dem Gesicht. Er hat sein Leben gegeben, sich qualvoll hinrichten und das Gericht Gottes über sich ergehen lassen, um die Menschen dieser Stadt zur Umkehr zu bewegen. Doch sie haben (bisher) nicht gewollt. Da höre ich Jesus sagen: „Das ist mein Schmerz. Fühlst du auch etwas davon? Ich kenne deine Schmerzen genau, aber kennst du auch meine?“ Mir stockt kurz der Atem, mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. Ich gehe in mich und versuche meine Gedanken zu sortieren. Es ist bedauerlich, dass so wenige Menschen nach Gott fragen. Ich finde es schade, dass sich unsere Gesellschaft so sehr von Gott entfernt, dass Menschen die Gemeinden und Kirchen verlassen, dass Gottes Name in großem Maße missbraucht wird, dass wir Christen fast ausschließlich mit uns selbst beschäftigt sind und eine Erweckung einfach ausbleibt. Eine Erweckung wäre schon ganz toll! Aber Schmerz? Bis auf mein verletztes Ego und den geschwollenen Zeh ist da eigentlich nichts. Leider.
Wie geht es Jesus? Das sollte zwangsweise auch meine Frage an ihn sein, da ich ihn selbst so oft mit meinem Wohlergehen konfrontiere. Und ich glaube er zeigt mir hier die Antwort. Jesus leidet unter den Verhältnissen in meiner Stadt. Ihn schmerzt die Gottlosigkeit und die Sünde. Er weint, doch mein Mitgefühl bleibt aus. Mein Mitleiden mit Jesus ist praktisch nicht existent. Das ist erschreckend. Doch es kann anders werden. Ich will, dass es anders wird. Ich begebe mich auf die Suche nach dem Schmerz, nach dem Schmerz, den Jesus fühlt. Das ist der Startschuss für ein neues Gebet. Das Warten auf den Schmerz und auf meine erste Träne für Gottes Reich beginnt!
Das ist genau der Gedanke, über den ich heute morgen beim Lesen nachgedacht habe.
"Als aber der Herr sah, dass die Bosheit des Menschen sehr groß war auf der Erde und alles Trachten der Gedanken seines Herzens allezeit nur böse, da reute es den Herrn, dass er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es betrübte ihn in seinem Herzen."
1. Mose 6,5-6. SCH2000
Hallo Matze, vielen lieben Dank für den tollen Artikel! Hat mich echt getroffen. War mir voll zum Segen! Richtig gut!
Der Schmerz von Jesus...
"wir tragen allezeit das Sterben des Herrn Jesus am Leib umher, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar wird."
2. Korinther 4:10